Noch was zu XRebirth. Ihr seht, ich bin jetzt schon begeistert.
Jetzt hat sich sogar "Die Welt" des Themas angenommen und einen recht interessanten Artikel über die KI des Spieles geschrieben.
Besonders angetan hats mir diese Passage.
Jeden möglichen Spielverlauf nachzuvollziehen war dabei aber unmöglich: Denn das Universum entwickelt sich nach der Installation auf jedem einzelnen Rechner durch die Aktionen des jeweiligen Spielers ein wenig anders.
Ich liebe solche Spiele.
Galaktisches Monopoly
"X Rebirth" ist ein Computerspiel, das mit künstlicher Intelligenz funktioniert. Deshalb auch ist der Spielverlauf unvorhersehbar
Von Oliver Klempert
Dutzende Raumschiffe umschwirren die Raumstation. Sie landen selbstständig auf Plattformen und laden Güter ein und aus. Plötzlich schrillt die Sirene eines Polizeiraumschiffs, das gerade einen Frachter auf illegale Waren scannt. Wie ein mechanisches Uhrwerk, in dem alle Teile nahtlos ineinandergreifen, funktioniert die scheinbar lebendige Welt im Computerspiel "X Rebirth".
Das Weltraumspiel, das in Würselen bei Aachen in den vergangenen sieben Jahren von Entwicklern von Egosoft programmiert wurde, erscheint Mitte November. Es fasziniert nicht nur Weltraumfans, sondern auch Freunde detailliert durchdachter Wirtschaftssimulationen. Jedes Raumschiff, das im Spiel auf dem Monitor zu sehen ist, ist schließlich Teil der Weltraum-Wirtschaft, es erfüllt eine echte Aufgabe und ist nicht bloß ein hübsch anzusehendes herumfliegendes Objekt. "X Rebirth", so der Anspruch der Programmierer, soll eine lebendige Wirtschaftssimulation auf den Computer bringen – bis ins kleinste Detail, wo jede Entscheidung des Spielers den gesamten Spielverlauf und das, was im Universum passiert, ändern kann. "X Rebirth" ist damit eines der komplexesten Spiele, das in den vergangenen Jahren in Deutschland programmiert wurde. Es ist die Neuauflage einer Computerspielserie, die bereits 1999 ihren Anfang nahm.
Das Wirtschaftssystem ist bis ins Kleinste durchdacht: Zunächst geht es um den Abbau natürlicher Ressourcen: Zur Gewinnung von Erzen werden beispielsweise Asteroiden gesprengt. In einer weiteren Stufe des Spiels werden die Erze in Raumstationen veredelt. Nach und nach werden immer hochwertigere Güter erzeugt. Am Ende der Kette stehen technische Produkte, mit denen Kriege geführt oder blockierte Handelswege freigeräumt werden können. Es ergeben sich dynamische Spieleffekte, an die vorher niemand gedacht hat.
Damit dies möglich wird, darf das Spiel nicht in festgelegten Bahnen verlaufen, sondern benötigt eine "Künstliche Intelligenz", die es den Tausenden im All umherfliegenden Raumschiffen erlaubt, selbsttätig und zum eigenen Vorteil aktiv zu werden. Solche künstliche Intelligenz zu implementieren, ist nach wie vor der Heilige Gral der Spielprogrammierung. Denn wirkt eine Spielwelt einerseits besonders echt, hat eine tolle Grafik und realistische Physikeffekte, so birgt dies die Gefahr, dass Unstimmigkeiten schnell auffallen – Spielfiguren etwa, die in einer Menschenmasse eine Waffe hochhalten, ohne dass die anderen Figuren in Panik geraten, wie es ab und an in Actionspielen vorkommt.
Um Fehlerquellen zu minimieren, bestimmen Programmierer für alle Computerfiguren, Gebäude, Raumschiffe oder virtuellen Lebewesen, wie sie sich in verschiedenen Spielsituationen verhalten sollen. Je größer die Vielfalt der definierten möglichen Reaktionen dabei ist, desto klüger erscheinen die Figuren oder Raumschiffe. Besonders häufig nutzen Programmierer hierfür das sogenannte Skript, das ein fest vorgegebenes, aber auch aufwendiges Verhalten der Computergegner vorschreibt, sobald der Spieler eine bestimmte Aktion ausführt. Basiert die künstliche Intelligenz auf einem solchen Regelwerk, kann sie Eindrucksvolles leisten. Schachprogramme wie "Fritz" besiegen etwa schon seit den 90er-Jahren immer wieder Schachweltmeister – hier sind die Spielregeln allerdings deutlich definiert.
Anders ist das bei einem Spiel wie "X Rebirth": Jede Schraube, an der die Entwickler bei der künstlichen Intelligenz drehen, kann extreme Folgen für das Gesamtkonstrukt haben. "Das Leben in unserem Universum hängt von Hunderten, oft nicht vorhersehbaren Faktoren ab. Das Universum und vor allem die Wirtschaft ist dabei ein komplexes chaotisches System", erklärt Bernd Lehahn, der Chefentwickler von Egosoft. So passieren im Spiel immer wieder unvorhersehbare Dinge. "Jede Aktion des Spielers kann eine Kette von unabsehbaren Folgen nach sich ziehen."
Um auf Spieleraktionen passend reagieren zu können und die künstliche Intelligenz entsprechend zu programmieren, braucht es Spezialwissen: Zwar gibt es viele glänzende Programmierer, aber bis heute nur wenige Experten für künstliche Intelligenz in der Computerspiel-Branche. Diese müssen nicht nur Informatik studiert haben, sondern sich auch mit neuronalen Netzen oder Planungssystemen auskennen. Müssen die Figuren sich auf verändernde Gegebenheiten einstellen und "dazulernen", können Computerspiele Wegbereiter sein und aufzeigen, was mit viel Rechenpower simuliert werden kann.
In den älteren Spielen der "X-Reihe" wie dem zuletzt 2012 erschienenen "X3: Albion Prelude" flogen bereits Tausende Schiffe durch das künstliche Universum – und viele davon transportierten Waren. "Das konnten spezialisierte Großtransporter sein oder flexiblere und kleinere Schiffe wie Waffenhändler", sagt Lehahn. Jeder einzelne dieser "Agenten" folgte wie auch im kommenden "X Rebirth" der einfachen Devise, Geld verdienen zu wollen. "Dabei berücksichtigen sie ihre Aufwendungen, etwa die Reisezeit, und betrachten in manchen Fällen auch das Risiko durch Überfälle, das in manchen Gegenden des Universums höher sein kann als in anderen."
Dies sind alles Faktoren, die der Spieler, der in der Regel seinen Spaß haben will, nicht immer stets durchdenkt, die aber bei der Programmierung beachtet werden müssen. "In der Praxis ist es schließlich so, dass diese Händler-Agenten sehr schnell sogar zu schlau sind und wir sie eher absichtlich dümmer machen müssen, um nicht eine perfekt ausgeglichene Wirtschaft zu haben", sagt Lehahn. Das ist ein Kernproblem von künstlicher Intelligenz in Spielen. Denn ist der virtuelle Gegner zu klug – schneller als der Mensch ist er in seinen Entscheidungen ohnehin – so kann der Spaß am Spiel schnell verloren gehen. "Als Entwickler ist unser Ziel daher weder eine perfekt ausgeglichene Wirtschaft noch ein völliges Chaos, sondern eher eine gesunde Schwankung zwischen diesen beiden Polen."
Ob das alles immer so funktioniert wie gewünscht, ist alles andere als sicher: So kam es während der Entwicklung zum Beispiel vor, dass ein Programmierfehler in der künstlichen Intelligenz eine Kaskade an Folgen nach sich zog, die dazu führte, dass die Wirtschaft im Universum zusammenbrach.
Damit das nicht passiert, wenn das Spiel auf den Markt kommt, ließen die Programmierer ihre Entwicklung tagelang im Zeitraffer laufen, um damit ein wochenlanges Spiel zu simulieren und um so die Robustheit des Spiels zu testen. Jeden möglichen Spielverlauf nachzuvollziehen war dabei aber unmöglich: Denn das Universum entwickelt sich nach der Installation auf jedem einzelnen Rechner durch die Aktionen des jeweiligen Spielers ein wenig anders. Aber das ist wiederum der besondere Reiz.
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Die Welt