Gierige Mönche
Verfasst: 28.06.2016 12:15
Quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/thaila ... e-101.htmlThailands Buddhismus in der Krise
Gierige Mönche
Stand: 28.06.2016 11:30 Uhr
Buddhismus gilt als sanfter und freundlicher Glaube. Doch die Klöster in Thailand werden derzeit von einer Reihe Skandale erschüttert: Es geht um Korruption, Spendenunterschlagung, Drogen und Sex. Die Staatsmacht traut sich nicht durchzugreifen.
Von Holger Senzel, ARD-Studio Singapur
Aus dem Tempel dringen die Gesänge und Gebete der Mönche - draußen vor der Tür steht die Polizei mit einem Haftbefehl für den Abt wegen Unterschlagung, Betrugs, Geldwäsche. Doch davon wollen seine Anhänger nichts wissen, die sich zu Hunderten in weißen Gewändern vor dem Kloster versammelt haben, um den Abt zu schützen. Für die Gläubigen ist Phra Dhamachaya ein heiliger Mann. "Der Tempel hat mich den Sinn des Lebens gelehrt", sagt ein Gläubiger. "Es geht um Glück, das Glück tief in mir drin, das erreiche ich durch Meditation. In diesem Tempel geht es um Meditation - und sonst nichts."
Umgerechnet elf Millionen Euro an Spendengeldern soll der gierige Geistliche über die Jahre unterschlagen haben. Der Abt habe das Vertrauen der Gläubigen missbraucht, sagt sein früherer Vertrauter Mano Laovanavich. Familien seien ins Elend gestürzt, weil sie ihm ihr gesamtes Geld gegeben hätten. Das Urteil des enttäuschten Anhängers: "Wenn Sie die Schurken der beiden Filme "Matrix" und "Star Wars" in einem Menschen kombinieren würden, dann hätten sie den Abt Phra Dhamachaya."
Staatsmacht greift nicht durch
Der Haftbefehl gegen den Abt wird nicht vollstreckt, unverrichteter Dinge zieht die Staatsmacht wieder ab. Bilder von uniformierten Bewaffneten gegen Mönche - davor hat selbst die Militärjunta in Bangkok Angst. Buddhas Lehre von der Suche nach Erleuchtung ist in Thailand eine Macht, mit der sich niemand gern anlegt. Und Macht korrumpiert.
Korruption, Geldwäsche, Trunkenheitsunfälle mit Luxuskarrossen, Sexaffären - die Liste der jüngsten Skandale ist lang. Erst kürzlich wurde der berühmte Tigertempel geschlossen. Mönche boten hier dem bedrohten König des Dschungels angeblich eine Zuflucht. Doch in Wahrheit florierte ein profitabler Schwarzhandel mit illegalen Tigerprodukten, die in Thailand für ihre Heilkräfte geschätzt sind.
Morddrohungen gegen Kritiker
"Wir müssen offen über Missstände sprechen und finanziell transparenter werden", forderte Laovanavich, als er noch im Tempel arbeitete. Doch er stieß auf taube Ohren: "Der Abt schaute mir tief in die Augen und fragte: 'Weißt du, wer ich bin? Wenn du glaubst, ich bin nur der Abt dieses Klosters, liegst du falsch.' Dieser Blick war sehr gruselig - er wollte mich wohl überzeugen, dass er die Inkarnation von Buddha ist. Aber das konnte ich nicht akzeptieren."
Die etwa 300.000 thailändischen Mönche genießen viele Privilegien. In Bussen und U-Bahnen gibt es reservierte Plätze für sie, an Flughäufen eigene Check-in-Schalter, sie dürfen kostenlos studieren. Laovanavich ruft seine Glaubensbrüdern auf, wieder mehr Demut zu zeigen. Buddha sei auch sein Leben lang zu Fuß gegangen. Er hat Schmähbriefe und Morddrohungen bekommen, der thailändische Rat des Buddhismus forderte von ihm "Respekt vor den Traditionen".
Ein menschliches, kein religiöses Problem
Steckt der Buddhismus in Thailand in der Krise? Der Kritiker schüttelt den Kopf. Jede Religion habe gute und schlechte Menschen. Man müsse sich bloß manche schändlichen katholischen Priester anschauen. "Nein", sagt Mano Laovanavich entschieden: "Das ist kein religiöses Problem - es ist ein Problem mit bestimmten Leuten!"