Jon Doe hat geschrieben:Tramaico hat geschrieben:...
Mein derzeitiges Gewichtstraining im Alter von 49 Jahren besteht aus einer einzigen Trainingseinheit . Ca. 1 Stunde, inklusivem Stretching alle 14 Tagen.
...
Bin auch 49 Jahre

... verfüge jedoch nur über ca. 15 Jahre Trainingserfahrung ...
.... daher würde ich gern hinterfragen (mein Gehirn trainieren), wie Du mit:
"...Ca. 1 Stunde Gewichtstraining, inklusivem Stretching alle 14 Tagen.." (geringfügig geänder) zurechtkommst ?
Soweit mir bekannt ist, baut der Körper Muskulatur auf, wenn Sie benötigt wird ... und wieder ab, wenn sie nicht benötigt wird.
Training 1 h alle 14 Tage .... würde bedeuten, die Muskulatur wird nicht benötigt ?!
Klär mich/uns auf

Erster Aspekt, den es zu beachten gilt. Muskeln werden nicht beim Training aufgebaut, sondern in der Ruhepause. Konkret gesagt im Schlaf. Ein hartes Training "zerstoert" durch Ueberlastung den Muskeln und in der anschliessenden Regenerationspause durch sogenannte Ueberkompensation. Der Muskel hat die Nachricht bekommen, dass seine derzeitig Kraft nicht ausreicht, er also staerker werden muss um zu ueberleben.
Gehst Du zu frueh wieder an das Eisen und der Muskel oder besser gesagt das neurologische System ist noch nicht voll regeniert, dass fuehrt dieses zu Uebertraining und ist somit kontraproduktiv. Ein Muskel der ueber Jahre aufgebaut wurde, baut sich nicht innerhalb von ein paar Tagen oder Wochen ab, Ausnahme er wird ABSOLUT still gelegt. Hatte mir vor ca. 19 Jahren einen Kreuzbandriss eingehandelt und das Bein wurde ueber mehrere Wochen stillgelegt. Der Umfang des Oberschenkels verringerte sich in dieser Zeit von 69cm auf 53cm. In diesem Fall wurde er tatsaechlich nicht mehr gebraucht und baute enstprechend ab.
Da aber die Muskeln nicht absolut nach einer Trainingseinheit stillgelegt werden sondern kontinuierlich durch das taegliche Leben weiter belastet werden, nimmt die Regeneration eines "zerstoerten" Muskels entsprechend mehr Zeit in Anspruch. Mehr Zeit als mich in den kuehnsten Traeumen ausmalt. Dementsprechend sind auch die meisten Sportler uebertrainiert.
In jungen Jahren habe ich zweimal die Woche Karatetraining und zweimal die Woche Ganzkoerperkrafttraining betrieben. Obwohl damals meine Workout bereits relativ kurz waren, war ich hoffnungslos uebertrainiert. Voll verspannt, steif wie ein Brett und ich wurde immer fetter. Eine Reaktin des Koerpers um zu ueberleben. Er baut Musekln ab und Fett auf, um sich auf moegliche noch haertere Zeiten vorzubereiten.
Intensitaet ist beim Training das Schluesselelement. Je staerker Du beim Training wirst und je hoeher die Gewichte werden, die Du bewaeltigen kannst, je hoeher ist die Intensitaet in einer Trainingseinheit und je laenger dauert die Regeneration. Das heisst, je Fortgeschrittener jemand ist, je geringer sollte das Trainingsvolumen sein um nicht ueberzutrainieren, sondern weiterhin Fortschritte zu machen.
Als ich bei 7 Tagen Pause zwischen den Trainingseinheiten angekommen war, meinte ich, dass jetzt das Optimum erreicht ist, dass heisst bestmoeglicher Nutzen aus dem geringsten Trainingsvolumen. Pustekuchen. Ich trainierte weiterhin ueber. Meine Trainingseinheiten waren nur 25 Minuten lang, aber extrem intensiv. Ging bei manchen Uebungen wie z. B. Kreuzheben jede Woche bis zum Maximalgewicht, also nur eine Wiederholung mit dem hoechstmoeglichen Gewicht, das ich bewaeltigen konnte. Waehnte mich sicher, dass ich bei 7 Tage Pause nicht uebertrainieren konnte. Die Folgen waren katastrophal, weil die Ruhepause bedingt durch den Arbeitsalltag nicht ausreichte. Im Februar diesen Jahres war ich nur noch zu 50% arbeitsfaehig weil mein unterer Ruecken eine einizge Verspannung war. Muskelmaessig war das Problem wohl nicht, sondern hatte neurologische Ursachen. Das Nervensystem erholte sich nicht mehr sondern alles ging immer tiefer in den Keller. Ich wurde zu einer sechswoechigen Trainingspause gezwungen und fing an mich nicht nur zu regenieren sondern verstaerkt Muskelmasse aufzubauen.
Zwischenzeitlich bin ich jetzt also bei einer Trainingseinheit alle 14 Tage und reitze dabei die Intensitaet nicht absolut aus, denn dann wuerden selbst diese 14 Tage vermutlich nicht mehr ausreichen.
Es geht darum sich gut zu fuehlen und zwar immer und staendig. Auch nach eine Training. Das Training war gut, wenn Du unter der Dusche dich fuehlst kleine Elefanten machen zu koennen und nicht, als ob Du Dich nicht mehr auf den Beinen halten kannst. Das Testosteron ist auf Hoechstlevel. Du wuerdest am liebsten noch ein paar Saetze machen, doch nicht verfuehren lassen. Dass das Training gut und intensiv war, fuehlst du am naechsten Tag oder meist auch erst 48 Stunden nach dem Training. Nach ungefaehr 4 Tagen fuehlst Du Dich so erholt, dass Du meinst fit fuer eine neue Einheit zu sein. Ja, die Muskeln moegen regeniert sein, doch Dein Nervensystem ist es noch nicht und es werden falsche Signale an die Zentrale gegeben.
Anfangs ist es eine erhebliche Umstellung so "wenig" zu trainieren und es kommt schnell das truegerischer Gefuehl auf, dass man Kraft und Muskeln verliert, wenn man nicht innerhalb von 3 - 4 Tagen wieder am Eisen ist. Das taeuscht. Voll regeneriert ist anders. Es zeigt sich, dass Du beim naechsten Training besser bist als beim letzten. Nur dann bist Du wirklich sicher voll und ganz regeniert zu sein.
Bedenke aber, wir reden hier ueber Intensivtraining und kein Modesitzen im Fitness Center. Du bist Fortgeschrittener und bist in der Lage wirklich intensiv zu trainieren, also die letzte Wiederholung ist dann, wenn Du tatsaechlich nicht mehr in der Lage bist eine weitere zu machen. Die meisten Trainierenden meinen ein Satz muesste dann beendet werden, wenn der Muskel anfaengt ein wenig zu zwicken und ausserdem muss man ja auch noch weitere 2 Saetze taetigen. Jeder Satz muss so ausgefuehrt werden, als ob er der letzte in der Trainingseinheit sei. Nur so wird dem Muskel signalisiert, dass sein derzeitiger Leistungsstand nicht ausreicht und er sich anpassen muss um zu ueberleben.
Nein Stretching und Yoga-Uebungen sind nicht nur alle 14 Tage, sondern ich versuche sie eigentlich taeglich in den Tagesablauf einzubinden. Auch gehe ich jeden Tag mehrere Kilometer zu Fuss. Nein, nicht mehr wie frueher 2,5 - 3 Stunden mit den Hunden, denn das war ebenfalls ein Aspekt, der mir im Februar die Problem einbrachte. Zuviel des guten.
Das Problem beim Kraftraining ist ja, dass die Muskeln zum verkuerzen neigen und man sehr schnell ohne entsprechendes Flexibiliaetstraining "musclebound" wird. Kurzum, steif wie ein Brett und Gorillagang.
Joe, probiere es mal aus. Gehe 10 Tage nicht ins Studio und versuche Dich dann mal an Deiner Bestleistung im Kreuzheben plus 5kg. Wenn Du in die Knie gehst und die Stange packst solltest Du Dich nach der langen Ruhepause stark und selbstsicher fuehlen. Du freust Dich praktisch auf die neue Herausforderung und bist Dir sicher, dass Du sie problemlos bewaeltigen wirst. Jetzt weisst Du, dass Muskeln und Nerven voll und ganz regeniert sind. Nach 15 Jahren intensivem Training wird es nicht passieren, dass Du bei 10 Tagen Trainingspause nur ein einziges Gramm Muskeln verlierst, sonern es kann gut sein, dass die Waage Dir nicht die uebelichen 72kg sondern stattdessen 72,5kg anzeigt. Korrekte Ernaehrung und ausreichend Schlaf natuerlich vorausgesetzt.
Laut den HIT (High Intensity Training) Gurus wie Arthur Jones, Mike Mentzer und Konsorten kommen folgende Phrilosophien zum tragen:
Beim Kraftraining kommt es nicht darauf an wieviel Dein Koerper aushalten kann, sondern aus einem Minimum an Input den groessten Output herauszuholen. Im Studio wird das Muskelwachstum und der Kraftzuwachs nur ausgeloest, waehrend die eigentliche Umsetzung im Schlaf danach passiert. Du baust somit im Schlaf keine Muskeln ab, sondern auf, waehrend Du im Studio die Muskeln "zerstoerst". Also, womit solltest Du erheblich mehr Zeit verbringen, wenn Du an Muskel- und Kraftzuwachs interessiert bist?
