Zweiklassengesellschaft Bundesliga
Droht die Entzauberung des Fußballs?
Marc BastenSonntag, 26. Mai 2013 - 13:00 Uhr
Das Champions-League-Finale hat nicht nur Fußballdeutschland elektrisiert. Auch international hat die Bundesliga an Renommee gewonnen. Zwei Teams im höchsten europäischen Finale, die Zukunft des Fußballs in Deutschland erscheint rosarot. Doch ist das wirklich so?
Wird der Fußball in der Bundesliga künftig uninteressant? Die Zweiklassengesellschaft könnte dazu führen. (Archivfoto: TORfabrik.de)Uli Hoeneß hat derzeit andere Sorgen, als sich über die grundsätzliche Entwicklung des deutschen Fußballs Gedanken zu machen. Doch bevor die Steueraffäre Bayerns Präsidenten überrollte, hatte er mit seiner Befürchtung von „spanischen Verhältnissen“ in der Bundesliga ein durchaus relevantes Thema aufgegriffen. Die Resonanz darauf war erstaunlich zurückhaltend und ging schließlich in der Berichterstattung über Hoeneß Steuersünden, den Götze-Transfer und das deutsch-deutsche Finale komplett unter.
Bedeutsam bleibt die Sache dennoch, denn Hoeneß Ansatz ist nachvollziehbar. Sowohl in Spanien, wo Barcelona und Madrid quasi in einer anderen Liga spielen, als auch in England machen sich Folgen der ‚Zweiklassengesellschaft‘ immer negativer bemerkbar. Und der Bundesliga droht das gleiche Schicksal.
Dortmund stellte in der vergangenen Meistersaison einen neuen Punkterekord auf, die Bayern pulverisierten die Bestmarke in diesem Jahr. Diese erstaunlichen Werte sprechen einerseits für eine tolle Entwicklung des Fußballs in München und Dortmund, zeigen anderseits aber auch, dass die Konkurrenten in der Liga kaum mehr ernsthafte Wettbewerber sind, sondern immer mehr zu Sparringspartnern mutieren.
Bei allen erfrischenden Konzepten, die Klubs wie Freiburg oder auch Mönchengladbach mal etwas weiter nach oben spülen, geht die Schere zwischen den beiden Top-Klubs und dem großen Rest immer weiter auseinander. Wie es um die Substanz der übrigen 16 Bundesligateams bestellt ist, zeigt nicht nur der Blick auf die Abschlusstabelle, sondern auch das Abschneiden in der Europa-League. Da purzelte selbst der Tabellendritte Leverkusen sang- und klanglos aus dem Wettbewerb.
Ein
Und dabei gehört Leverkusen wie Wolfsburg zu den Klubs, die aufgrund der hinter ihnen stehenden Konzerne zumindest finanziell nicht ganz den Anschluss verlieren. Schalke geht derweil sehr hohes Risiko mit waghalsigen Finanzierungsmodellen, die gewiss in den nächsten Jahren noch kritisch hinterfragt werden dürften. Und trotzdem sagt der, ja es gibt ihn tatsächlich, besonnene Schalke-Fan mittleren Alters, dass er wohl realistischerweise nicht damit rechnen könne, mal einen Meistertitel von Königsblau zu erleben.
Dortmund soll in der nun abgelaufenen Champions-League-Saison über 60 Millionen Euro eingenommen haben. Selbst ohne die Götze- und Lewandowski-Millionen vergrößert sich der Wettbewerbsvorteil für den BvB gegenüber Klubs wie Hannover, Frankfurt, Gladbach & Co. um ein Vielfaches. Diese Lücke wird auf Jahre hinaus nicht geschlossen werden können.
Nick Hornby, bekennender Arsenal-Fan und durch sein Buch „Fever Pitch“ so etwas wie die Symbolfigur des Fußballromantikers, erlebt derzeit in England eine Desillusionierung aufgrund der finanziellen Unterschiede. »Nur drei Teams können die Meisterschaft gewinnen. Das wird sich in den nächsten Jahren auch nicht ändern«, sagte er in einem Interview mit der Wochenzeitung DIE ZEIT (Ausg. 23 vom 23.05.13).
»Geld nimmt jegliche Spannung aus einer Saison oder einem Wettbewerb, ich hasse es! Es verursacht Langeweile«, so Hornby weiter. »Die Fans wissen bereits vorher, dass ihre Mannschaft nicht gewinnen kann, und müssen trotzdem lächerlich hohe Eintrittspreise bezahlen. Ich verspüre eine allgemeine Entzauberung, das Interesse schwindet«.
»Aber vielleicht müsst ihr das ja auch irgendwann durchmachen«, meinte Hornby mit Blick auf Deutschland. »Bayern wirkt auch schon zu stark für die Bundesliga«.
Gerade jetzt, wo der Deutsche Fußball sich auf dem Gipfel wähnt, gilt es einer ungesunden Entwicklung entgegen zu treten. Auch wenn sich Uli Hoeneß mittlerweile mit ganz anderen Dingen beschäftigen muss.
Bericht der es auf den Punkt bringt
Gruß Sunnyboy