Ein paar emotionale Gedanken zum Abschied von Klopp im "stern":
Brief an Klopp: Scheiß auf Freunde bleiben!
Er ist BVB- und Klopp-Fan mit schwerem Herzen. Seit letzter Woche weiß stern-Stimme Micky Beisenherz, wie echter Liebeskummer sich anfühlt. Ein herzzerreißender Brief an Jürgen Klopp. Von Micky Beisenherz
Thomas Tuchel ist neuer Coach vom BVB. So schnell geht das manchmal: 3, 2, 1, Mainz. Der Nachfolger ist gefunden. Immerhin das Heißeste, das die deutsche Trainerzentrifuge auswerfen konnte. Ein hoch gehandeltes Taktik-Genie mit einem Matchplan. Na, dann ist doch alles gut, oder?
Gar nix ist gut. Ich fühl' mich, als hätte man gerade mit mir Schluss gemacht. Mit uns allen. Und das im Frühling. "Lasst mich gehen. Es ist besser für uns." Der Kindskopf in mir will wütend mit dem Fuß auf den Boden stampfen. Kloppo, was soll das? Wir lieben uns doch! Echte Liebe, Mann! Steht hier doch überall. Okay, ja, wir hatten schon welche vor Dir. Aber niemanden haben wir jemals mehr geliebt als Dich.
Der 15. April. Was ein scheiß Tag. Komplett Banane. Aber mehr schwarz als gelb. Viele Männer haben an diesem Tag ihren Frauen erzählt, sie hätten Heuschnupfen. Hätte fast noch gefehlt, dass Elton John bei der PK auftaucht und spontan "Candle in the Wind" singt. Ich weiß noch, wie mies wir uns am 11.4. gefühlt haben, als der Wechsel von Götze publik wurde. Aber hier geht es nicht um 'nen kleinen, dicken Hochbegabten mit zu großen Kopfhörern. Das hier ist Ernst.
April. Immer wieder dieser verdammte April
Im April 2012 haben wir die Bayern im entscheidenden Meisterschaftsspiel weggehauen, Robben den Elfmeter verballert. Im April 2013 hat Lewandowski Real Madrid zerlegt. Im April 2015 hat Papa gesagt, dass er die Familie verlässt. Klar, wir alle wussten, dass der Tag irgendwann kommen würde. Nur "irgendwann" ist in diesem Zusammenhang ein gefühltes "niemals".
Wie oft ich auf "Bild.de" geklickt, immer wieder die Seite neu geladen habe. In der Hoffnung, die Meldung sei ein Fehler und stattdessen möge jetzt irgendeine C-Promi Bumsmamsell auftauchen, die der Nation ihre Affäre mit Kay One aufdrängt. War aber nicht so.
Stattdessen dieses Bild nach der PK, wie unser Trainer durch den Notausgang verschwindet. Beim HSV ist an dieser Stelle eine Drehtür. Hätte ich auch nicht gedacht, dass ein Tag, der mit einem herzlichen Lacher über die Hamburger beginnt, so enden würde. War ja auch sehr witzig: Da bemüht sich das Präsidium massiv um Thomas Tuchel, und am Ende steht auf der Matte: Bruno Labbadia (italienisch für "Trostpreis"). Heidi Klum bestellen - Heidi Kabel bekommen. (Hierfür wurde ich übrigens "Spruch des Tages" in der "GALA", kann da durchaus von einem journalistischen Zwischenhoch sprechen.)
Der Han Solo der Coaching Zone
Hätte ich da schon gewusst, warum sich Tuchel so geziert hat, zum Volkspark zu kommen, mein Gelächter wäre deutlich leiser ausgefallen. Ich habe nicht vergessen, wie dieser Verein aussah, als Klopp 2008 kam. Grauer als der Dortmunder Norden, der teilweise aussieht, als habe Gott Beton erbrochen. Minderbegabte wie Doll und Co. haben zuvor auf der Bank ihr Bestes gegeben. Was leider nicht viel war.
Und dann kam Kloppo. Hat dem Ballspielverein Stück für Stück Leben eingehaucht, ja, ihn sogar sexy gemacht. Zum aufsteigenden Underdog. Ihn rockyfiziert. Plötzlich stand eine halbe Nation hinter dem BVB, weil der Han Solo der Coaching Zone dem Todesstern des Südens so schön Feuer unter dem lederbehosten Arsch gemacht hat. Wie beim Pokalsieg 2012, als Kalle Rummenigge ein Gesicht gemacht hat wie bei der Zollkontrolle. Dass das Imperium danach umso härter zurück geschlagen hat - geschenkt.
Klar, nicht alles war smart, nicht alles war cool. Nach Niederlagen haben Reporter später Hölzchen gezogen, wer den BVB-Coach interviewen muss. Das, was wir wohlwollend als Leidenschaft bezeichnet haben, da haben andere schon gesagt: "Lass den ja nicht an scharfe oder spitze Gegenstände kommen." Allein diese Fresse beim Spiel gegen Neapel. Dem Borussenhulk ist das Gesicht öfter entgleist als die indische Eisenbahn. Und immer wieder diese Strafen vom DFB. Nur Wolfgang Joop hat mehr für seine Visage bezahlen müssen.
Dies ist kein Nach-, dies ist ein Zwischenruf
Man, ey, Kloppo! Wir haben doch gerade erst diese unglaubliche Talsohle durchgestanden, in der andere Vereine gleich drei Trainer gefeuert hätten. Und gerade, als Du Dich auf den gemeinsamen Sommer freust, plötzlich: "Lasst uns Freunde bleiben." Puh. Kloß im Hals. Sieben Jahre sind eine verdammt lange Zeit als Trainer eines Fußballclubs. Der neue Coach wird gewiss gute, neue Impulse setzen, nur: Hier geht nicht nur ein Übungsleiter. Hier geht das Gesicht einer ganzen Region. Lass die Zwangsneurotiker aus Bayern ruhig einserschülern, bis die Vitrine platzt. Trotzdem schleppt unser Gangleader am Ende die Ballkönigin ab.
Während man glaubt, bei Guardiola die Spannungskopfschmerzen förmlich hören zu können. Fühlte sich zumindest immer so an. Klopp kommt eigentlich aus Schwaben. Das haben wir ihm nie zum Vorwurf gemacht. Rund um den Borsigplatz kannst Du jeden fragen und alle werden Dir sagen: "Andere Trainer? Hä? Hier war immer schon der Klopp!" Und doch. Dies ist kein Nach-, dies ist ein Zwischenruf. Wir haben da noch was vor.
Kalle Rummenigge schuldet uns noch einmal diesen Blick. Wenn alles vorbei ist, am Tag X, bleibt nur noch die Frage: Welche drei Songs wünscht sich der Trainer für den Zapfenstreich. Oder Elton John spielt eben doch- auf der Pokalfeier. Und in ein paar Jahren lachen wir darüber. Wenn Du wieder da bist, Kloppo.
Quelle:
http://www.stern.de/kultur/micky-beisen ... 88312.html
Es mag sich schräg anhören, und ich bin auch keine 12 mehr, aber es hat tatsächlich etwas von Liebeskummer. Und wenn Kloppo einen anderen Verein trainieren wird, dann wird es so sein, als würde die eigene Freundin...